Zum letzten Mal öffnete sich der Vorhang

Am Sonntagabend schloss im Michelauer Gemeindezentrum zum letzten Mal der Vorhang. Schwer vorstellbar, dass es sie in Zukunft nicht mehr geben soll, die beliebten Theatertage der Michelauer Kirchengemeinde.

Nach 25 Jahren soll Schluss sein mit den beliebten Michelauer Geschichten mit viel Lokalkolorit im waschechten Michlaarer Dialekt dem sich auch die zugereisten Mitwirkenden unterwerfen mussten.

Man kann die Leistung der Autorin Renate Rosenbauer, die jedes Jahr ein neues Stück auf die Beine stellte und stets auch die Regie führte, nur bewundern. Standing Ovation des Publikums und Rosen von den Schauspielern gab es bereits bei der Premiere des neuesten Schwanks am Freitagabend. Die Rührung war Renate Rosenbauer anzusehen für die nach eigenen Worten die Freizeitbelastung mit zunehmendem Alter einfach zu groß wurde.

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Zudem bestärkte sie der personelle Wechsel im Ensemble in ihrem Entschluss. So hinterlässt die Versetzung von Pfarrer Roland Höhr nach Herriden eine spürbare Lücke. Ihm war es deshalb auch hoch anzurechnen, dass er für die Theatertage am Wochenende nochmals an seine frühere Wirkungsstätte zurückgekehrt war und in seiner Rolle als übereifriger Detektiv Fritz die Zuschauer begeisterte.

„Zukünfticha Rendne flipp'n aus“ heißt das neuste Werk der Autorin Renate Rosenbauer, die darin die turbulenten Pläne einer angehenden Rentnertruppe zu Papier gebracht hat. Ein Segeltörn wäre genau das Richtige zum Einstieg ins Rentnerleben. Und einen Tauchkurs könnte man ebenso machen wie Flüge mit einem Gleitschirm.

Entsprechend überschlagen sich im Hause des rüstigen Kurt die Ereignisse. Ein konspiratives Treffen folgt auf das vorherige. Denn die Frauen sollen auf gar keinen Fall Wind bekommen von den Plänen der ausgeflippten Seniorentruppe.

Immer wieder stecken Kurt (Udo Rosenbauer), Alfred (Bürgermeister Helmut Fischer), der „Vorrentner“ Christian (Hans-Georg Borchert) und Klaus (Uwe Nemmert) mit Rückendeckung durch Harald (Dirk Rosenbauer) die Köpfe zusammen. Auch durch die resoluten Auftritte ihrer Angetrauten Sieglinde (Ute Schedel), Monika (Petra Engelmann), Karin (Neuzugang Renate Hofmann) lassen sie sich nicht aus der Ruhe bringen.

Notfalls wird sogar die Entführung von Alfred vorgetäuscht um sich etwas Luft zu verschaffen im Wettstreit der Geschlechter. Dass dieses Kidnapping sich plötzlich wie heiße Luft auflöst, schreibt Fritz der Meisterdetektiv, der ständig mit der Lupe auf der Suche nach Fingerabdrücken ist, seinem „fürchterlichen Ruf“ bei den Kriminellen zu, die den armen Alfred im Bademantel auch ohne Lösegeld wieder frei gelassen haben.

Überhaupt sorgt Fritz „als Mann für alle Fälle“ eher für Verwirrung als für produktive Lösungen. So bringt er den kaputten Rasenmäher der Familie zur Explosion anstatt ihn zu reparieren. Zumindest befreit er Luca, den Sohn der Familie, damit von der ungeliebten Aufgabe der Gartenpflege.

Die Rentnertruppe scheint derweil Herr der Lage zu sein. Lediglich ein fehlgeleitetes Paket, welches für das Nachbarhaus bestimmt war in dem die neuen Nachbarn eigenartige Partys feiern lässt erahnen, dass bei den Senioren noch mächtig die Hormone im Blut kreisen. Das Paket, das die überbeschäftigte Postbotin Amanda (Judith May) im Haus von Kurt vergessen hat enthält dunkel getönte „Röntgenbrillen“ die ähnlich den ominösen Scannern auf Flughäfen erkennen lassen was Er oder Sie unter ihrer Kleidung trägt.

Da werden schnell sexy Dessous im Publikum geoutet oder längere grüne Nato-Unterhosen bei einigen Herren. Auch Pfarrerin Anne Salzbrenner wird mir nichts dir nichts zur Mitspielerin. Humorvoll erträgt sie es als Harald feststellt: „ die hot ja gar nix drunder o.“

Und wenn man sich erst zurücklehnt und bei ein bis zwei Schnäpschen und guter Musik die Seele baumeln lässt, dann werden die geheimsten Träume wahr. Während leichter Nebel über die Bühne wabert tanzt Jenny (Lea Borchert) im weißen Minikleidchen herein, schnappt sich Einen nach dem Anderen für ein Tänzchen auf Wolke 7 ehe sie sich für Harald entscheidet mit dem sie durch die Hintertür verschwindet so geheimnisvoll wie sie gekommen war. Es ist zweifellos einer der vielen emotionalen Höhepunkte in den Stück das die Zuschauer mit zahllosen Gags in Hochstimmung versetzt.

Doch was wären die Stücke von Renate Rosenbauer ohne den ominösen Überraschungsgast; das bestgehütete Geheimnis bis zur Premiere am Freitag. Der kommt schließlich als ausgeflippter Straßenmusikant mit Gitarre und langer Zottelmähne zur Saaltür herein. Wenn ihn seine Stimme nicht verraten würde, man hätte echt Probleme in dem „Strouß´nmusikand´n“ Pfarrer Matthias Hain zu erkennen.

„A weng Musik zu unnen Bierla auf´n Boot wöh nier schlecht“ weiß der Kurt und vollends überzeugt die Tatsache, dass Freddy Music etliche der geheimnisvollen „Röntgenbrillen“ besitzt. Da möchte sich natürlich auch Fritz, der Detektiv“ der Crew anschließen, doch ihm schlägt blanke Ablehnung entgegen: „De Fritz naah ...... da gedd g´wiss nier´r mit!

Doch plötzlich scheint der Traum vom Segeltörn wie eine Seifenblase zu zerplatzen. In der Segler-Zeitung steht´s schwarz auf weiß „Segelschifffahrt“ nur mit gültigem Kapitänspatent erlaubt. Verstöße werden für alle Beteiligten mit Gefängnis bestraft.“ Aus der Traum von den Südseenächten.

Doch der Fritz hatte alles schon vorher gewusst. „Ihr werdet mir noch die Füße küssen“ orakelt er, denn er, der früher mal auf der Gorch Fock war, besitzt das nötige Kapitänspatent für alle Weltmeere. „Unner ausflippt´s Rendnerlaahm iss g´sichert. Es lebe der Kapitän“ jubelt die Truppe in den lang anhaltenden Applaus des Publikums hinein.

Text und Bilder: Klaus Gagel